Die Kinder auch im Sport solange wie möglich Kind sein lassen!

So stand es im „Höchster Kreisblatt“ am 01.04.2020

Die Kinder auch im Sport solange wie möglich Kind sein lassen!

Wissenschaftliche Arbeit zur TSG-Kindersportschule

„Mache ich denn alles richtig. Trifft mein Angebot auch die Erwartungen der Kinder?“ Diese Fragen stellte sich Rudi Walther, der seit November 2018 die Kindersportschule der TSG Sulzbach in der Cretzschmarschule leitet. Der frühere Basketball-Bundesligaspieler der Frankfurter Eintracht und Landestrainer des Hessischen Basketball-Verbandes präsentiert zweimal in der Woche, montags und freitags, ein Angebot für 40 Kinder von der ersten bis zur vierten Klasse für eine sportartenübergreifende Bewegungsstunde unter fachkundiger Anleitung. Die Kindersportschule ergänzt das Angebot der Schulen und der Vereine und soll ermöglichen, dass die Kinder einerseits jeden Tag Sport treiben können und andererseits eine breite sportliche Grundausbildung ohne frühe Spezialisierung auf eine bestimmte Sportart genießen.

Lisa Schulz

Die 23 Jahre alte aus Kelkheim stammende Lisa Schulz studiert in Frankfurt Mathematik, Deutsch und Sport im achten Semester und fand durch ihre Dozentin Simone Löchner Kontakt zu Rudi Walther. Seine Fragestellungen inspirierte sie, sich die Sulzbacher Kindersportschule einmal näher anzuschauen. Daraus wurde eine 154 Seiten umfassende „Wissenschaftliche Hausarbeit im Rahmen der ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Grundschulen im Fach Sport“. Das Thema lautet „Erwartungen der Grundschulkinder an außerunterrichtliche Sportangebote am Beispiel einer regionalen Grundschule“. Diese regionale Grundschule ist die Sulzbacher Cretzschmarschule, in der Lisa Schulz, die von ihrer Heimatstadt Kelkheim nach Frankfurt-Rödelheim gezogen ist, viele Übungsstunden der Kindersportschule im letzten von September bis Weihnachten besuchte. Sie beobachtete und analysierte den Ablauf der Übungsstunden, führte Interviews mit den Kindern, studierte die entsprechende Literatur dazu und beschäftigte sich auch generell mit dem Sport- und Freizeitverhalten der Kinder. Das Ergebnis vorweg. „Rudi Walther ist mit seinem Angebot grundsätzlich auf dem richtigen Weg. Er trifft die Erwartungen der Kinder und macht einen guten Job“, sagt Lisa Schulz.

Für Lisa Schulz war der Besuch der Übungsstunden in Sulzbach kein Neuland. Sie hat bei TuS Hornau viele Jahre lang geturnt und Wettkämpfe bestritten. Noch heute wirkt sie als Trainerin in dem Verein. In ihrer sportlichen Laufbahn hat die gelernte Turnerin Rudi Walthers Philosophie befolgt sich auch andere Sportarten wie Tennis und Fußball betrieben. Heute spielt die groß gewachsene Lisa Schulz bei der TG Bad Soden Volleyball in der Bezirksliga.

Die von Lisa Schulz verfasste wissenschaftliche Hausarbeit ist in zwei Bereiche unterteilt. Der erste Teil widmet sich den theoretischen Grundlagen in Bezug auf die Lebenswelt der Kinder und die Rolle des Sports im Kindesalter. Aufbauend darauf stellt der zweite Teil eine empirische Untersuchung mit Grundschulkindern der Kindersportschule Sulzbach zum Thema Erwartungshaltung in den Übungsstunden speziell sowie Freizeitgestaltung und Rolle des Sports generell dar.

Für die Interviews mit den Kindern hat sich Lisa Schulz etwas Besonderes einfallen lassen. „Ich habe ein Kuscheltier, einen Bären, mitgebracht, und dem sollten die Kinder erzählen, was sie bewegt“, sagt Lisa Schulz. Und das klappte. Lisa Schulz fragte die Kinder nach ihrer Traum-Sportstunde. „Die Antworten deckten sich nahezu mit dem, was Rudi Walther anbietet“, erzählt die Interviewerin. In den öffentlichen Räumen ist das Spielen heute sehr schwierig. Deshalb sind die Kids froh, dass das alles abwechslungsreich in der Halle geschehen kann. Die Kinder sind von der Vielfalt fasziniert und begeistert: Brennball, Fangspiele, Toben über die Gerätelandschaft, Tischtennis, Fußball, Seilspringen und Rollbrettfahren – das lässt die Kinderherzen höherschlagen.

„Einige Kinder fordern mehr Mitbestimmung bei der Auswahl der Übungen, doch da läuft man wieder Gefahr, dass es zu einseitig wird“, sagt Lisa Schulz. Angetan war sie von einem Mädchen mit einer blühenden Phantasie das sich die Sporthalle wie einen Dschungel vorstellt: Seile sind Lianen, beim Hindernis-Parcours springt man über Flüsse, die kleinen Turnkästen sind Steine, die Bänke Baumstämme.

Wichtig für die Kinder – so die Erkenntnis von Lisa Schulz – ist, dass die Kinder ohne Leistungsdruck toben können. Etwa die Hälfte ist zudem noch im Verein aktiv, andere wiederrum sind weg vom Verein, weil sie der Leistungsdruck belastet hat.

Wichtig ist für Lisa Schulz: „Man muss sich nicht schon früh auf eine Sportart spezialisieren, auch Seiteneinsteiger können gut werden.“ Ihr Credo: „Die Kinder auch im Sport solange wie möglich Kind sein lassen.“

Für Lisa Schulz war das Projekt „Kindersportschule Sulzbach“ auch persönlich eine wichtige Erfahrung: „Wenn ich in meinem Verein Mädchen im Turnen trainiere und die sind sehr talentiert, bi ich manchmal im Zwiespalt. Soll ich sie an ein Leistungszentrum abgeben, wo viel gefordert wird oder sollen sie im Verein mit Spaß und Freude weiterturnen?“

Walter Mirwald